Im westlichen Bereich der Chiemgauer Alpen liegt der Geigelstein und stellt mit seinen 1808m Höhe den Hauptgipfel im Naturschutzgebiet dar. Südlich davon befindet sich der Breitenstein, nördlich schließt sich das Rossalmplateau mit Rossalpenkopf und Weitlahnerkopf an. Das Naturschutzgebiet reicht im Westen bis in die Tallagen des Prientals, im Osten bis ins Achental und bildet die Mitte der Bergsteigerdörfer Schleching und Sachrang.
Die charakteristische Gipfelpyramide des Geigelsteins besteht aus Hauptdolomit, der zu scharfen Graten verwittert. Mergelige Gesteine formen dagegen runde Geländeformen wie auf der Roßalm.
Die verschiedenen Höhenstufen vom Tal bis in die Gipfellagen weisen völlig unterschiedliche Lebensbedingungn auf, wodurch eine große Artenvielfalt entsteht: Ausgedehnte Bergwälder, Almen und Bergbäche sowie Krummholz und Felsbereiche in den Gipfellagen bieten zahlreichen Wildtieren Schutz und Heimat. Zu den bekanntesten zählen, Gämsen, Murmeltiere und die verschiedenen Raufußhühner (Schneehuhn, Birkhuhn, Auerhuhn).
Die markanten Grate im Geigelsteingebiet sind exponierte Lebensräume, in denen nur echte Spezialisten leben können. Geringe Humusauflage, häufige Trockenheit an Sonnentagen und Temperaturschwankungen zwischen Tag und Nacht stellen die hier lebenden Organismen vor Herausforderungen. Die Stumpfblättrige Weide, die zu den kleinsten Gehölzen zählt und dennoch ein richtiger Baum ist, entgeht beispielsweise dem kalten Wind im Winter, indem sie Ihre Zweige in den Untergrund presst. Einen weiteren Spezialisten stellen Flechten dar, die sich aus einem Pilz und einer Alge zusammensetzen (Zwillingsorganismus).
Sie wachsen auf den nackten Felsen, wobei der Pilz vom Zucker profitiert, den die Alge produziert, während diese auf den Pilz angewiesen ist, der ihr Wasser spendet.
In den Hochlagen gedeihen keine Bäume mehr, da häufig Stürme tosen und der Sommer zu kurz ist. Dort siedeln Bergkiefern, im Bayerischen "Latschen" genannt. Ihre elastischen Zweige lassen sich vom Schnee niederdrücken und richten sich nach der Schmelze unbeschadet wieder auf. In ihrem Schutz wachsen oft farbenprächtige Alpenpflanzen wie Almrausch, Alpenrebe oder Schneeheide. Das dichte Latschengebüsch bietet aber auch Gämsen, Rehen und den scheuen Raufußhühnern Zuflucht.
Auf Grund der exponierten Lage sind die Felsen am Geigelstein der Verwitterung ausgesetzt.
Durch die natürliche Zersetzung des Gesteins bilden sich Schotterflächen aus Felsschutt. Die Hohlräume zwischen den Steinen bietet Verstecke für Tiere - für Pflanzen stellen die sich bewegenden Schuttmassen allerdings einige Schwierigkeiten dar. Die Alpen-Pestwurz hat sich an die Bedingungen angepasst: Wird sie vom Schutt bedeckt, wächst sie durch die Gesteinsmassen hindurch. Auch die Silberwurz besiedelt die Schuttreissen als Pionierpflanzen und festigt dabei den Boden.
Die hohen Niederschläge in den Gipfelbereichen speisen zahlreiche kleine Bergbäche, die das Wasser zur Prien und zur Tiroler Achen ableiten. Entlang der Bäche entwickeln sich oft blütenreiche und bunte Hochstaudenfluren mit Pestwurz, Alpendost und Greiskraut.
Auf den Steinen im Bergbach bildet sich ein feiner Algenüberzug, den Insektenlarven (z.B. Köcherfliegenlarven) abweiden. Diese dienen wiederum als Nahrung für Wasseramsel oder Bachforelle. Bei Regenwetter ist der sonst nachtaktive, dunkel gefärbte Alpensalamander zu sehen.
Große Bereiche der Berghänge im Naturschutzgebiet sind von Wald bedeckt. In unzugänglichen Schluchtbereichen haben sich urwaldähnliche Wälder mit mächtigen bemoosten Bergahornen, Eschen, Ulmen und Linden erhalten. Andernorts wurden die empfindlicheren Ahorne und Tannen durch jahrhundertelange Nutzung und Wildverbiss zugunsten von Fichte und Buche zurückgedrängt. Der Bergwald beherbergt eine Vielzahl von seltenen Vogelarten wie Schwarz-, Dreizehen- und Weißrückenspecht, Sperlings- und Raufußkauz oder Hasel- und Auerhuhn. Zudem stellen intakte Bergwälder einen wichtigen Schutz der Tallagen vor Lawinen, Steinschlag und Muren dar.
Im Winter ist der Geigelstein ein beliebter Skitourenberg und ein wichtiger Rückzugsort für scheue Tiere, darunter die vier heimischen Raufußhuhnarten Auerhuhn, Birkhuhn, Haselhuhn und Schneehuhn. Raufußhühner überleben den Winter nur durch äußerste Energieeinsparung und sind auf bestimmte Überwinterungsgebiete angewiesen. Um Störungen von Wildtieren zu vermeiden, findet am Geigelstein eine Besucherlenkung statt. Dies ermöglicht eine naturverträgliche Ausübung des Skitouren- und Schneeschuhgehens am Geigelstein.
Im Rahmen des Projektes „Skibergsteigen umweltfreundlich“ – in enger Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Umweltministerium, dem Bayerischen Landesamt für Umwelt, Naturschutzbehörden, Gebietsbetreuung, Verbänden und allen Beteiligten vor Ort – wurde jahrelang engagiert an einer Neuregelung gearbeitet. Seit Oktober 2009 gilt nun die neue Verordnung, die Winterruhezonen nach wildbiologischen Notwendigkeiten eindeutig abgrenzt und trotzdem Skitourengehern und Schneeschuhwanderern eine Vielzahl von Tourenmöglichkeiten erhält. Sie werden auf Schildern im Gelände dargestellt.